Dienstag, 26. Juli 2011

Anpfiff zur zweiten Halbzeit


Unglaublich aber wahr, ein halbes Jahr ist  inzwischen schon vergangen und die Zeit  vergeht von Tag zu Tag schneller.  Es ist viel passiert seit dem letzten Blogeintrag, leider auch das meine Kamera abhanden gekommen ist und dieser Blog aus diesem Grund zunächst mal mit weniger Fotos weitergeführt werden muss. Die genauen Geschehnisse der letzten 5-6 Wochen zu beschreiben wird mit wahrscheinlich nicht gelingen, einen Versuch ist es jedoch wert. 
Nachdem ich dieses schöne Wochenende in den Thermalbädern (Las Cabañitas de la Torre) verbracht habe, ging das Leben entspannt  und angenehm weiter. Den Paragliding-Kurs habe ich (fast) zu Ende geführt, den DJ-Kurs habe ich ebenfalls fleißig weitergemacht, genauso wie den Spanisch-Kurs. Das Wochenende darauf habe ich in Cochabamba verbracht, hier ist es auch immer lustig am Wochenende, vor allem weil ich schon einige Leute kenne und es immer irgendeine Feier oder andere Anlässe (z.B. Fußballspiele von der bolivianischen Nationalmannschaft) gibt, um sich zu treffen und zusammen das Wochenende ausgelassen zu genießen. Bei der Arbeit ist es immer noch das gleiche Schema (Hausaufgabenhilfe und Fußballspielen), inzwischen habe ich mich aber schon daran gewöhnt und es macht immer öfter auch richtig Spaß, auch aus dem Grund, weil ich jetzt mit den älteren aus dem Projekt schöne Gespräche führen kann und dadurch meine Spanisch-Kenntnisse immer besser werden. Noch besser habe ich die Erzieher und Mitarbeiter von meinem Haus auf einem Camp in der darauffolgenden Woche kennengelernt. Zunächst bin ich jedoch am Wochenende vor dem Camp mit 5 Freunden nach Torotoro gefahren. Das ist ein Nationalpark „in der Nähe“ von Cochabamba. Eigentlich ist es nicht so weit bis zu diesem herrlichen und beeindruckenden Nationalpark, da die Straße jedoch so schlecht ausgebaut ist, fährt man 6 Stunden im Bus, bis man dort ist. Die Fahrt dorthin lohnt sich jedoch zu 100 %. Ich hätte nicht erwartet, dass es in der Nähe von Cochabamba einen so beeindruckenden Nationalpark gibt.
Wir kamen um 1 Uhr nachts an, da der Bus noch eine Reifenpanne hatte und das Wechseln des Reifens ca. 1 Stunde dauerte. Ein  Touristenführer half uns dann zum Glück in Torotoro, einem kleinen gleichnamigen Dorf im Nationalpark, ein Hostel zu finden. Eigentlich gab es genug, da es aber schon 1 Uhr Nachts war, hatten die Meisten schon zu und nur durch penetrantes lautes Klopfen wurde die Tür geöffnet. Wir fanden dann schlussendlich eines, was unserer Preisklasse entsprach. Am nächsten Morgen trafen wir uns dann mit dem Touristenführer welcher uns in der Nacht bei der Hostelsuche geholfen hatte. Nachdem wir noch den Eintritt für den Nationalpark bezahlt hatten fuhren wir auf der Pritsche eines Geländewagens ca. 2 Stunden durch den Nationalpark. Es war wunderschön die sehr eigenen Berg-Silhouetten und die felsige Landschaft zu sehen. Nachdem wir mit dem Geländewagen ca. 600 Höhenmeter und einige Kilometer hinter uns gebracht hatten, stiegen wir ab. Ab jetzt ging es zu Fuß weiter. Ziel waren sehr interessante Aushöhlungen in einem Berg. Eine davon erinnerte an einen Tempel, mit geschwungenen Fenster- und Torbögen. Nach dem ca. 4-Stündigen Rundgang zu verschiedensten Höhlen bzw. Grottenformationen kamen wir dann wieder am Auto an und fuhren fast bis in das Dorf zurück. Nun ging es erneut zu Fuß weiter. Zunächst zeigte uns der Tourguide ein paar für Torotoro sehr bekannte, versteinerte Fußspuren von Dinosauriern. Manche davon waren echt noch sehr gut zu erkennen, obwohl das Wasser die Konturen schon etwas ausgespült hatte. Danach folgte eines der beeindruckendsten Erlebnisse von Torotoro. Mit Helmen und Stirnlampen betraten wir eine Tropfsteinhöhle, welche insgesamt 15km lang ist. Für Touristen sind jedoch nur ca. die ersten 1 ½ km zu besichtigen. Diese 1 ½ Km hatten es aber schon in sich, da die Höhle nicht so wie in Europa mit einem ausgebauten Weg und Beleuchtung versehen war. So hatte man fast das Gefühl selber ein Höhlenforscher zu sein, nur das der Tourguide alle Tücken und Hindernisse schon kannte und uns mit geschickten Handgriffen an schwierigen Stellen helfen konnte. Manchmal auch mit einem Seil, wenn es zu steil bergab ging und es ohne einem Seil zum festhalten zu rutschig gewesen wäre. Als wir die „innerste“ Stelle, welche für Besucher erreichbar bzw. begehbar war erreichten, setzten wir uns für ein paar Minuten in den kalten Höhlensand, schalteten unsere Stirnlampen aus und genossen die Ruhe und die Dunkelheit welche ca. 1 ½ km in einem Berg schon extrem sind. Danach ging es weiter durch extrem enge Passagen, welche nur durch kriechen und Robben zu passieren waren, teilweise gerade so groß das man mit dem Körper durch passte. Für Menschen mit Platzangst wäre diese Höhle wohl kaum geeignet!! Als wir diese passiert hatten liefen wir in einem anderen Höhlengang wieder Richtung Ausgang. Interessant waren noch Fische, welche in einem kleinen See tief in der Höhle schwammen und auf unser Taschenlampenlicht nicht reagierten, da ihre Augen aufgrund dieser extremen Dunkelheit, die Funktion des Sehens verloren hatten. Als wir schlussendlich unseren abenteuerlichen Gang durch die Höhle beendet hatten und am Ausgang ankamen, wurde es schon langsam dämmrig. Wieder am Auto angekommen, ging es zurück in das Dorf von Torotoro. Am Abend setzten wir uns noch in eine Karaoke-Bar, welche ausschließlich von Bolivianern, wohlmöglich aus dem Dorf, gefüllt war.
Am nächsten Morgen stand dann eine weitere Tour an. Dieses Mal ohne Auto, da die Sehenswürdigkeiten an diesem Tag zu Fuß von dem Dorf aus zu erreichen waren. Zunächst ging es wieder mal zu einer Stelle, an welcher versteinerte Dinosaurier-Fußabdrücke zu sehen waren. Diese waren jedoch von einer anderen Sorte Dinosauriern und wesentlich größer. Der Durchmesser von dem größten Fußabdruck maß ca. 40cm. Weiter ging es durch ein ausgetrocknetes Flusstal bis zu einem beeindruckenden Canyon. Die Bolivianer nennen ihn Gran-Canyon, und erstaunlicherweise konnte man auch gewisse Ähnlichkeiten mit dem Grand-Canyon in den USA feststellen. Besonders spannend war es jedoch den Canyon von einer Aussichtsplattform zu bewundern, welche über den Canyon-Rand hinaus gebaut worden war. So lief man auf einmal auf einem halbkreisförmigen Steg in ca. 600m Höhe über den Rand hinaus und der Blick nach unten durch den Metallgitterboden erzeugte schon ein mulmiges Gefühl im Magen. Auch dies ist nichts für Menschen mit Höhenangst!! Anschließend liefen wir diese 600 Höhenmeter auf einer sehr steilen Treppe bergab. Ziel war ein sehr schöner Wasserfall, um welchen viele Mos- und Baumsorten gewachsen waren. Das Wasser war zwar kalt, aber trotzdem war es schön und angenehm ein kleines Bad zu nehmen. Leider ging es danach die ganzen 600 Höhenmeter wieder bergauf und der gerade noch im Wasserfall erfrischte Körper begann wieder zu kleben. Zurück im Dorf angekommen, packten wir unsere Sachen, kauften unsere Bustickets und fuhren wenig später wieder zurück nach Cochabamba. So ging ein sehr erlebnisreiches Wochenende seinem Ende zu. Extrem erfreut war ich dann, als ich Zuhause feststellte, das mir meine Kamera wohl im Bus aus dem Rucksack gefallen war und alle meine schönen Fotos von Torotoro und meine schöne Kamera jetzt nicht mehr in meinem, sondern im Besitz einer anderen, fremden Person, waren (welche mit den Fotos wenig anfangen kann, mit der Kamera leider schon). Naja, so ist das Leben.
Am nächsten Morgen ging es dann gleich weiter nach Chapare. Um 9 Uhr fuhr der Bus von meinem Projekt aus los. Eigentlich dauert die Fahrt nur 3-4  Stunden, trotzdem kamen wir erst am späten Nachmittag um 4 Uhr an. Ich weiß bis heute noch nicht warum wir so lange gefahren sind, aber die Mittagessenspause und der alte nicht all zu schnelle Bus waren wohl Gründe dafür. Das Wetter in Chapare (das nächstgelegene Regenwaldgebiet von Cochabamba) war leider nicht all zu schön. Die 4 Tage Camp waren trotzdem spannend und ich hatte meinen Spaß. Es war vor allem schön für mich, die Jungen und Erzieher aus meinem Projekt mal auf eine andere Weise kennen zu lernen. Für die Jungen war es sehr besonders, einmal aus Cochabamba raus in die Natur zu kommen und so wurde jede Pflanze und jedes Tier genau inspiziert. Auch das Baden im Fluss schien für die Jungen eine einzigartige Erfahrung zu sein. Am Abend gab es immer verschiedene Aktivitäten. So hatten die Erzieher für den ersten Abend eine „Party“ veranstaltet. Des Weiteren gab es Aktivitäten wie Schnitzeljagd, Wettkämpfe in verschiedensten Dingen und am letzten Tag statteten wir alle einen Besuch in einer anderen Schule in Chapare ab, in welcher ein weiteres Haus von Amanecer zur selben Zeit ein Camp hatte. Zusammen mit den Kindern dort, gingen wir an einen anderen Fluss baden und danach spielten die verschiedenen Altersklassen der Häuser Fußball gegeneinander. Das Abschlussspiel wurde zwischen den Erziehern und Freiwilligen der beiden Häuser ausgetragen (leider verlor Sayaricuy, die Mannschaft in welcher ich mitspielte 1 zu 2 L) So ging auch das Camp in Chapare für mich zu Ende. Ich musste leider schon früher nach Cochabamba zurückfahren, weil ich danach noch das Zwischencamp vom ICYE hatte. So kam ich relativ müde Donnerstagnacht um 11 in Cochabamba an und musste am nächsten Morgen schon wieder um 8 an einem Platz in der Nähe vom Busterminal stehen um auf das Zwischencamp nach Sippe Sippe zu fahren. Sippe Sippe ist ein Dorf ca. 45 Minuten entfernt von Cochabamba.
Es war nett noch die ganzen anderen Freiwilligen welche mit dem ICYE in Bolivien waren, kennen zu lernen. Das Camp an sich war so wie ich es schon erwartet hatte. Es wurde über die Familien, das Projekt und die Sprache geredet, wie es einem mit diesen Dingen ging und wie man sich integriert und angepasst hat. Des Weiteren wurde über Bolivien geredet, wo Bolivien gerade Steht, was unsere Eindrücke von Bolivien bisher waren und was für Unterschiede uns zu unseren jeweiligen Herkunftsländern aufgefallen waren. Am letzten Abend gab es noch eine Abschlussfeier und dann war der kleine Camp-bzw. Reisemarathon für mich zu Ende.
Die 2 Wochen darauf hatten die Jungen aus Sayaricuy immer noch Ferien, d.h. es wurden weiterhin fast jeden Tag Aktivitäten und Wettbewerbe veranstaltet. Sehr spannend fand ich einen Dame- (das Brettspiel) Wettbewerb, in welchem Jungen gewannen, welche in ihrem Leben nicht all zu viel Schulbildung erfahren durften. Dies zeigte mir, dass es nicht an ihrer Intelligenz fehlte, sondern sie einfach nie richtig unterstützt wurden und aus diesem Grund (teilweise schon 16 Jährige Jungen) immer noch nicht lesen und schreiben können. Diese 2 Wochen Arbeit waren für mich recht abwechslungsreich und Interessant, weil es immer etwas zu tun gab und es mir eigentlich nie langweilig wurde bei der Arbeit. Ganz unerwartet kam in der 2. Woche einer von den beiden Holländern, welcher schon einmal für 1-2 Monate in meinem Haus gearbeitet hatte, zurück. Er hatte entschieden weitere 6 Monate für Amanecer zu arbeiten. Ich freute mich sehr, weil es noch mehr Spaß macht, wenn andere Freiwillige im selben Haus arbeiten.
Vorletztes Wochenende habe ich dann zum ersten Mal bei einer Party DJ sein dürfen. Die 3 Monate DJ-Kurs hatten sich gelohnt und das auflegen mit meiner selber produzierten Musik hat sehr Spaß gemacht. Am Sonntag bin ich dann mit 2 Freiwilligen und einem Bolivianer zunächst nach La Paz gefahren und danach an den Titicacasee. Wir hatten uns zunächst in ein billiges Hostal in La Paz einquartiert und haben Tagsüber schöne und warme Alpaca (wie ein Lama nur die Wolle ist weicher und wärmer) Produkte, wie Pullis, Ponchos, Mützen usw. gekauft. Aus Alpaca gefertigte Kleidungsstücke gibt es fast ausschließlich nur in La Paz. Am nächsten Tag nahmen wir dann einen Bus nach Copacabana, ein sehr schönes Dörfchen am Ufer des Titicacasees. Leider ist dieses Dorf sehr touristisch (schätzungsweise 80 % Touristen bzw. Traveler), jedoch trotz dieser Tatsache ziemlich billig und wunderschön. Das Hostal in Copacabana war noch wesentlich billiger als das in La Paz und auch viel sauberer und schöner. Mit dem Bot ging es dann am nächsten Tag auf die Isla de Sol (Sonneninsel). Nach 2 Stunden Bots-Fahrt durch den für einen See recht hohen Wellengang kamen wir auf diesem wunderschönen und ruhigen Fleckchen Erde an. Wir hatten 3 Stunden Zeit um die Insel ein wenig zu erkunden und am weißen Sandstrand die Ruhe zu genießen. Der Blick über den Titicacasee von der Isla de Sol aus, gibt einem den Eindruck  als sei man am Meer. Das andere Ufer ist nicht zu sehen, die Wellen sind für einen See recht groß und die Sandstrände erinnern an Sandstrände in Griechenland am Mittelmeer. Danach ging es zurück aufs Festland. Wir aßen noch leckersten Trucha (auf deutsch Forelle) für umgerechnet 1,50 Euro. Am nächsten Morgen fuhren wir dann zurück nach La Paz. Da die 2 Mädels nicht in der Nacht am Terminal in Cochabamba ankommen wollten (nicht gerade die sicherste Gegend von Cochabamba, vor allem in der Nacht), kauften wir Bustickets für 11 Uhr abends um dann morgens in Cochabamba anzukommen. So mussten wir uns 5 Stunden am Terminal in La Paz um die Ohren schlagen. Da man sich in den bolivianischen Schlafbussen wie in seinem eigenen Bett vorkommt, kamen wir dann alle mehr oder weniger ausgeschlafen morgens um 6:30 in Cochabamba an.
Am Samstagabend gab es noch ein Treffen bei Olivia (der ICYE beauftragten von Cochabamba). Wir aßen gut und viel und der Anlass für dieses Treffen war, das Vera, eine Freiwillige aus der Schweiz, diesen Mittwoch Bolivien verlassen wird und mit schwerem Herzen in die Schweiz zurückkehren muss. In schon einem halben Jahr wird es mir sicher ähnlich gehen, wenn ich Bolivien verlassen- und wieder in das gute alte Deutschland zurückkehren werde.  Bis dahin ist es aber noch eine Weile und ich weiß meine Zeit hier zu schätzen und zu genießen. In diesem Sinne ganz liebe Grüße an alle Leserinnen und Leser meines Blogs. (Ich hoffe auch euch allen geht es gut!!)

1 Kommentar:

  1. Ich bin wohl eine der ersten die deinen Blogupdate im sommerlichen switzerland gelesen und wie immer sehr genossen hat.
    Freu mich auf ein baldiges Skypen mit dir und umarme dich fest.
    deine Deta

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